Lunge kaputt – wenn nichts mehr hilft

2015 hatte mein Twister zum ersten Mal einen Infekt. Der zog sich einige Wochen in die Länge und letztendlich halfen nur Antibiotika und Cortison, um alles wieder in den Normalbereich zu bringen. Seit dieser Zeit kommt so etwas leider öfter vor. Manchmal sogar mehrfach im Jahr. Manchmal haben wir viele Monate Ruhe. Das ganze Thema ist unabhängig von der Jahreszeit, passiert sowohl im Winter als auch im Sommer. Mal bekommen wir die Sache schnell in den Griff, mal dauert es Monate.

Und so ist es ein stetiges Auf und Ab der Gefühle, Hoffen und Bangen wechseln sich ab. In guten Zeiten versuchen wir uns am Muskelaufbau (siehe dieser Beitrag) und dann geht es rapide bergab, weil Twister durch den Husten und die eingeschränkte Atmung so geschwächt ist, dass er kaum traben kann.

Woran das liegt?
Am Immunsystem. Twister hatte in seinen ersten Lebensjahren leider nicht die Chance, ein starkes Immunsystem aufzubauen, was mir damals jedoch noch nicht klar war. Die Quittung kam sieben Jahre nach seiner Geburt in Form des oben erwähnten Infektes. Auch hier war das grundsätzliche Problem noch nicht erkannt. Schließlich kann jedes Pferd mal krank werden. Aber mit der Zeit war das einfach zu oft der Fall und ich begann endlich (!) mit der Ursachenforschung…

Ein Allergietest brachte nur negative Ergebnisse, also konnten wir das schon mal ausschließen.

Mit der Optimierung der Haltungsbedingungen wurden zumindest die Abstände zwischen den einzelnen Erkrankungen länger, aber dennoch kamen sie immer wieder.

Was ich Twister schon immer geben konnte: Offenstallhaltung mit ganz viel Luft, Freiraum und 24h Weidegang im Sommer + regelmäßige Bewegung an der Longe und/oder unterm Sattel
Was wir durch Stallwechsel verbessert haben: gewässertes Heu und staubfreie Einstreu, um den Staub in seiner direkten Umgebung zu minimieren.

Alles half nichts. Der nächste Husten kam bestimmt…. Auffällig dabei war, dass es IMMER Infekte waren, die mit Antibiotika behandelt werden mussten.

Klar habe ich zwischendurch versucht, Twister mit alternativen Heilmethoden Linderung zu verschaffen. Diverse Kräuter-Kuren, Sole-Inhalation oder auch Akupunktur standen auf dem Programm. Dennoch blieb am Ende immer die Schulmedizin das rettende Helferchen.

Als er 2018 nahezu gleichzeitig mit Husten, Haarlingen, Mauke und einsetzendem Hautpilz zu kämpfen hatte, war die Sache klar. Sein Körper konnte sich gegen nichts mehr wehren. Es musste am Immunsystem liegen. Das wurde dann schnellstens durch den Tierarzt in Form von Spritzen und durch mich in Form von Zusatzfutter gestärkt. Dann war es zum Glück geschafft… zumindest für über ein Jahr lang. Denn Anfang 2020 ging es wieder los mit dem Husten…

Im Laufe der schulmedizinischen Behandlung in dieser Zeit machten wir mal wieder ein Bronchoskopie. Dabei wird das Pferd sediert und der Tierarzt führt einen Schlauch durch die Nüstern in die Luftröhre des Pferdes. An diesem Schlauch ist zum einen die Möglichkeit befestigt, Proben vom Schleim in der Luftröhre zu nehmen, um diesen im Labor untersuchen zu lassen. Zum anderen gibt es eine kleine Kamera, über die man in das Organ hinein schauen kann. Was wir dort zu sehen bekamen, war extrem ernüchternd.

Durch die vielen Infekte, die Twister in den vergangenen Jahren hatte, ist sein Lungengewebe (also zumindest der Bereich, den man mit der Kamera erreichen kann) ziemlich stark geschädigt. Jeder Infekt ist eine Entzündung. Durch Entzündungen entsteht beim Heilungsprozess Narbengewebe. Narbengewebe ist bei weitem weniger widerstandsfähig, als gesundes Gewebe. Keime und Viren haben dadurch viel mehr „Spielraum“, sich festzusetzen und neue Entzündungen zu verursachen. Und damit wäre der Kreislauf geschlossen, denn Narbengewebe ist irreversibel. Es kann nicht in gesundes Gewebe umgewandelt werden. Nie wieder.

Deshalb wird Twister bis zu seinem Lebensende immer wieder Infekte haben. Deshalb reagiert er hypersensibel auf Keime und Viren, die immer und überall in seiner Umgebung sind. Deshalb muss er Immunaufbaupräparate bekommen, die das Ganze etwas eindämmen … vielleicht. Und deshalb helfen keine Alternativen. Bei kaputtem Gewebe hilft keine Käuter-Kur, keine Bioresonanz, keine Akupunktur.

Einzig Medikamente und Inhalation können ihm helfen. Aber auch nicht bis in alle Ewigkeit. Twister wird irgendwann wegen des Lungenschadens sterben. Ich kann es nur hinauszögern…

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Um euch einen Eindruck zu vermitteln, wie es in Twisters Bronchien aussieht, habe ich zwei Beispielbilder gefunden, die ich euch gern zeigen möchte.
Der Blickwinkel ist folgender: die Kamera, mit der die Bilder aufgenommen wurden, wurde durch die Nüstern in die Luftröhre eingeführt und man blickt jetzt auf die erste Hauptverzweigung der Bronchien.

Auf Bild 1 sieht man ein gesundes Pferd. Der Steg zwischen den Bronchien (genau mittig im Bild) ist klar erkennbar und scharfkantig. So soll es sein.

Zum Vergleich nun ein zweites Bild, das (wie auch Bild 1) nicht von Twister stammt, aber seinen Zustand sehr gut darstellt. Der Steg zwischen den Bronchien ist deutlich verdickt, unregelmäig und unklar. Es ist keine Kante zu erkennen. Das kommt durch Entzündungen und die damit verbundenen Vernarbungen. Es ist davon auszugehen, dass auch das restliche Gewebe in Luftröhre, Bronchien und weiteren Teilen der Lunge so stark vernarbt ist.

Bildquelle: https://dr-mengeler.de/leistungen/innere-medizin/atemwegserkrankungen/